Die vergessene Sprache?

Ganz aus unserem heutigen Bewußtsein kann Platt bei uns wohl doch nicht sein, denn die Petri-Kapelle auf der Brandenburger Dominsel war am diesem Maiabend gut gefüllt. Dabei hatte der Domarchivar Dr. Uwe Czubatynski recht provokant seine Einladung betitelt:

Die vergessene Sprache - Plattdeutsch in der Mark Brandenburg. Als Hüter der historischen Domakten begegnen dem gebürtigen Perleberger immer wieder niederdeutsche Dokumente und Urkunden aus den verschiedensten Jahrhunderten, schließlich war Platt die Sprache der Hanse – mündlich wie schriftlich.

Sämtliche Verträge und Rechnungen jener Zeit zwischen London, Rostock, Perleberg und Stralsund sind niederdeutsch verfasst. Auch im Brandenburger Domarchiv finden sich solche Unterlagen. Diese zu lesen und zu verstehen ist nicht einfach, schon wegen der Handschriften. Dabei ist Domarchivar Czubatynski im Vorteil, kommt er doch aus der Prignitz. Hier wird Platt auch heute noch auf dem Lande gesprochen. Das klingt natürlich deutlich anders, als das Schriftplatt aus den alten Urkunden, die er vorstellte. Seine aus Quitzöbel an der Elbe stammende Frau trug einige Texte in Prignitzer Platt vor. Beide kümmern sich darum, daß die Tradition plattdeutscher Gottesdienste auch in den westprignitzer Dörfern Quitzöbel (29.7. 2018 14 Uhr) und Kletzke (28.7.2018 14 Uhr) weitergeführt wird.

Dem Charme des märkischen Platt haben sich auch zwei Süddeutsche nicht entziehen können, die es ins Havelland nach Garlitz verschlagen hat. Maria und Friedrich Eckle stießen auf einen plattdeutschen Roman aus dem Jahr 1885. Damals erlebte auch dank Fritz Reuter das Niederdeutsche gerade eine Renaissance. Es gab plattdeutsche Vereine und Zeitschriften in allen großen Städten. Das mag wohl auch den Holzhändler Fritz Schmidt aus dem Havelländischen Milow ermutigt haben, sein Lebenserinnerungen up Platt zu aufzuschreiben. Unter dem Namen Fritz Lening erschien vor 133 Jahren „Dree Wiehnachten“ bei Cotta in Stuttgart. Dem Ehepaar Eckle fiel ein solches Exemplar heute in die Hände. Ohne jede Plattkenntnis arbeiteten sie sich mit zunehmendem Vergnügen durch den Roman, in dem sich die kleinen und großen Ereignisse im Leben der Havelländer des 19. Jahrhunderts spiegeln. Jetzt haben die beiden Neuhavelländer „Diese lustige Snurre“ neu herausgebracht, auch mit einer Übersetzung ins Hochdeutsche, die sie in der Petri-Kapelle vorstellten. Hier eine kleine Kostprobe über eine Dorfhochzeit:

Armoth oder Geiz was´t nich, wenn blos bi´t Brutpaar un ´n Prester Wien henstellt word, ´t was so Bruk un damet god. Ick hev as Junge oft vull Neid dahen keken, wo de Pulle stund, äber daför het mi späder der leewe Gott straft, denn as mi mal abartige Ehre andahn werrn süll, da müßt ick van´n Prester Wien met drinken un dunn begrep ick ierst, worüm de olle Mann immer so gefährlich schüddelde un winkte, wenn em tored´t word, hä süll men drieste, da wir buten noch eene; min Gesicht woll´n ändern Dag nonnich wedder sin richtige Facon annehmen, so harr´t mi det Tüg tosammen treckt un wenn ick hüt dran denke, denn fangt et mi noch an to kniepen.“

 

gefördert durch
land brandenburg mwfk

VERANSTALTUNGEN
Sa., 3. Mai., 13:00 Uhr
Großderschauer Plattbotschafter in Rathenow
 
Mo., 5. Mai., 11:00 Uhr
Enthüllung einer Klönbank in Wittstock
 
Mi., 7. Mai., 14:00 Uhr
Potsdamer Plattrunn: 80 Joahr Fräden
 
Mi., 7. Mai., 18:00 Uhr
VHS Stammtisch Plattdeutsch Wittstock
 
PLATT IN UNS KIRCH
4. Mai., 14:00 Uhr
Platt in der Kirche in Lunow-Luune
 
18. Mai., 15:00 Uhr
Platt in der Kirche in Sewekow
 
15. Juni., 14:00 Uhr
Gedenkgottesdienst für Max Lindow in Fahrenwalde