Achtzig Johr is in Deutschland keen Krieg west

Jiwt nich mehr so väl Lüd, den dä’n 2. Weltkrieg met erläwt hemm‘. As ick (Annemarie Giegler) vörig Johr to mienen 90. Jeburtsdach öwerleggt hebb, wer in mien Familch so old worrn is, is mi mien Urgroßmudder infalln.

Erinnerung und Mahnung: Denkmal in Wittstock für die Opfer des Faschismus. 

Se hett ok fünf Kinner hat. Zwee Jungs, Paul un Gustav, se sind in‘ 1. Weltkrieg in een Woch falln, bi Sedan un Verdun! So steit‘ in de Kirch in Kloßhogen schreben. Wi mach so n‘ Mudder wollt to Mod west sind?! 

In April 1945 hemm‘ mien Mudder, Tante Gerda und ick met in een Saldotenauto flüchten künnt.  Metenns müßten wi all rut ut de Autos, rin in‘ Strotengroben. Tiefflieger sind kommen, ganz niedrig, un hemm‘ mit ehre M.G. in dänn‘ Treck, de von wiet her kommen is, schoten. Se hemm‘ noch ne Schlöp ganz wiet un hoch treckt, un dänn werrer ganz deep run. Links und rechts hett‘ jägen mi inschlon! Fünf Peerd leegen dor, Federbetten hüngen in de Strommasten, de Federn sind rüm floge. Oll Lüd, Kinner und Fruens hemm‘ dät wat öwrig bläben is tosammensökt, se müßten jo ok wierer. Obends stünnen de Autos dicht an’n Busch, un gor nich wiet aw führte een Latarettzug, witt anstreken met grote rode Krüzer, ut jerer Fenster is Füer rut schlon, jespenstisch dörch de Nacht! Achtzig Johr keen Krieg in Deutschland, un wer hüt Kinner, Enkel orer so as sick Urenkel so üm de zwanzig hett, kann dänn nich Angst un Bang wärn?

Text: Annemarie Giegler, Templin

Foto: Christamaria Ruch